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Gegenstrom 08 – Moorburg besetzen!

Bauplatzbesetzung Moorburg

gegenstrom08 – eine längst nötige Intervention

 

Mitte August wird es in Hamburg das erste Klimacamp in Deutschland geben. Menschen aus den unterschiedlichsten politischen Zusammenhängen werden zusammen für ein ganz anderes Klima campen. In vielen Workshops, bei Aktionen und Demonstrationen sollen die diversen Facetten der Klimaproblematik thematisiert werden – von der militärischen Aufrüstung im Zeichen von Ressourcensicherung über klimabedingte Migration bis hin zur globalen Lebensmittelkrise. Es ist klar, dass es um mehr geht als die Umwelt, die Klimafrage ist eine soziale Frage. Ein zentraler Bestandteil des Camps wird die Aktion gegenstrom08 sein – eine Bauplatzbesetzung der Kohlekraftbaustelle in Hamburg-Moorburg. Denn der Bau von über 20 neuen Kohlekraftwerken ist plastischer Ausdruck für die Heuchelei einer Politik, die Klimaschutz verspricht, aber das C02- potente Produktionssystem nicht in Frage stellt.

gegenstrom08 bedeutet, dass wir nicht nur den Bauplatz des umstrittenen Kohlekraftwerkes in Hamburg besetzen werden. Vielmehr möchten wir auch mit der Aneignung eines derzeit äußerst umkämpften politischen Fleckchens eine sichtbare Intervention in die Klimapolitik vornehmen. Denn bei kaum einem anderen Ort werden die Widersprüche und Brüche der herrschenden (Klima)Politik so sichtbar wie im Falle des Kohlekraftwerkes Moorburg:

Reclaim climate – die sozialen und ökologischen Konsequenzen der globalen Klimaveränderung sind verheerend. Vor allem die Menschen aus Ländern des Südens, aber auch die sozial schwächeren in Industrieländern sind massiv von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Soziale Kämpfe werden sich weltweit verschärfen. Die auf Kohle und Atom basierenden westlichen Energiesysteme sind dabei hauptverantwortlich für das Klimachaos. Mit dem Neubau in Hamburg soll ein weiteres Rädchen diesem System hinzugefügt werden – Zeit und Ort also, um die Schrauben des Systems zu lockern.

Smash Klimaschützerin – während sich Merkel und Co. seit Monaten als KlimaschützerInnen inszenieren und unter dem Deckmantel der C02-Reduktion versuchen, Legitimität fürs Regieren zu gewinnen, wird alles getan, um den fossilen Kapitalismus mit seiner klimazerstörerischen Wirkung weiter auszubauen. Die Kraftwerksbaustelle in Moorburg ist bereits bundesweites Medienthema, Zeit und Ort also, um die Brüche und Widersprüche deutlich zu machen und die selbst ernannten KlimaschützerInnen zu delegitimieren.

Zu Gast bei alten Freunden – Moorburg wird für die vier großen Energiekonzerne immer mehr zu einem bundesweiten Kräftemessen. So unterstützt nicht nur die ENBW, sondern auch der in Hamburg unmittelbar als angeblicher Konkurrent von Vattenfall agierende e-on Konzern vorsorglich die Moorburgpläne von Vattenfall. Durch Strompreiserhöhungen und Atomkraftpannen haben die Energiemonopolriesen eh Freunde verloren. Zeit und Ort also, um klar zu machen: die alten Krusten der Atom- und Kohlelobby müssen aufgebrochen werden – Energiekonzerne enteignen! Und wo könnte mensch sich hierzu besser einquartieren als bei guten alten Freunden.

Soziale Kämpfe stärken – lokal/global – Das geplante Kohlekraftwerk Moorburg ist so gelegen, dass der anfallende Feinstaub vor allem Stadteile mit armer Bevölkerung und hohen MigrantInnenanteilen beeinträchtigen wird. Ärzte aus Wilhelmsburg haben deshalb eindringlich vor der drohenden Gesundheitsbelastung für diese Stadtteile gewarnt. An vielen anderen Standorten in der Bundesrepublik gibt es soziale Kämpfe um neue Kohlekraftwerke, zudem werden weltweit weitere Klimacamps an Kohlekraftwerken stattfinden (etwa in England Anfang August). Zeit und Ort also, durch eine Besetzung klar und deutlich ein Zeichen des Proteste lokal, regional und international zu setzen.

Gerade weil es so aussieht, als ob die GAL mit ihrem Eintritt in die schwarz-grüne Regierungskoalition in Hamburg den Energiemonopolisten Vattenfall gewähren ließe, müssen wir selbst aktiv werden. gegenstrom08 wird eine Aktion des zivilen Ungehorsams sein, an dem sich sehr viele Menschen unterschiedlicher politischer, sozialer und kultureller Hintergründe gemeinsam beteiligen werden. Einerseits um unmissverständlich ihr „Nein“ gegenüber der derzeitigen neoliberalen Klimapolitik auszudrücken, andererseits um Vattenfall sowie dem Senat einen Strich durch die (Profit-)Rechnung zu machen.

Ein Jahr nach Heiligendamm und nur eineinhalb Jahre vor der großen Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen wollen wir mit einer massenhaften und andauernden Besetzung der Baugrube in Hamburg Klimakämpfe endlich auch hierzulande sichtbar machen. Eine praktische Intervention ist mehr als dringend notwendig. Wir wollen deshalb gemeinsam mit Menschen aus dem AntiRacamp, HamburgerInnen, einer Linken, die dazwischen geht und vielen anderen Menschen gegenströmen und ein klares Zeichen für ein ganz anderes Klima setzen! Kommt zum Klimacamp nach Hamburg und beteiligt euch am Samstag, den 23. August am Moorburger Kohlekraftwerk an: gegenstrom08 – Bauplatz besetzen!

Mehr Infos unter: www.gegenstrom08.net, www.klimacamp08.net

 

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Von Jena nach Dakar

Bewegungsfreiheit und Klimagerechtigkeit als globale soziale Rechte

Als das globale Bankensystem Ende 2008 auf den Abgrund zutaumelte, herrschte innerhalb linker Kreise nicht nur Sorge, vielmehr machte sich auch so etwas wie verhaltener Krisenoptimismus breit. Der Kapitalismus schien wie ein Kaiser ohne Kleider, das Bonmot der Krise als einem „Treibhaus sozialer Kämpfe“ machte die Runde. Mittlerweile ist hingegen Ernüchterung eingekehrt, manche sagen auch: Vernunft.

Denn klar ist, dass weder soziale Bewegungen noch Gewerkschaften oder andere Akteure über die erforderlichen Ressourcen, Erfahrungen und Programmatiken verfügt haben, um ernsthaft politisches Kapital aus den bis heute andauernden Turbulenzen der globalen Ökonomie schlagen zu können. Zum Rest des Beitrags »

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In Freiheit unter Freunden

Mit dem von der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen initiierten Festival „gegen koloniales Unrecht, in Erinnerung an die Toten der Festung Europa“ (4. bis 6. Juni) soll ein  praktischer Ort der Kommunikation, Vernetzung und Selbstorganisierung geschaffen werden. Was das heißen kann, ist vergangenes Jahr während des NoBorder-Camps auf der griechischen Insel Lesbos auf beeindruckende Weise deutlich geworden:

„Morgen, wenn wir weiter ziehen, werden wir wieder Flüchtlinge sein, doch heute Nacht sind wir bis zur letzten Minute einfach Menschen, Freunde die zusammen feiern. Wer hätte gedacht, dass wir uns auf dieser Insel nicht im Wald verstecken müssten, sondern dass uns eine Nacht in Freiheit unter Freunden geschenkt würde!“

Junger Afghane während einer nächtlichen Abschlussparty auf dem Noborder-Camp. Am nächsten Tag sind etliche der afghanischen Flüchtlinge bei dem Versuch aufgeflogen, die Insel ohne Registrierung zu verlassen, sie wurden direkt in das Internierungslager nach Pagani gebracht.
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Globale Solidarität als Herausforderung

Über Schwierigkeiten transnationaler Organisierung von unten

Sämtliche Transact-Gruppen sind auf die eine oder andere Weise in transnationalen Projekten aktiv. Dennoch gibt es auch unter uns eine Vielzahl offener Fragen, Ambivalenzen und Differenzen. Wir haben deshalb ein Selbst-Interview geführt – die Fragen hat Transact Wien gestellt.

Wien: Vielleicht kommen wir am leichtesten ins Gespräch, wenn ihr kurz berichtet, mit welchen transnationalen Projekten ihr derzeit zu Gange seid.

Hanau: Für uns spielen so genannte Außengrenze-Projekte eine wichtige Rolle – quasi als Reaktion auf die ständige Ausweitung des EU-Grenzregimes. Neben einem „Border Monitoring Project“ an der Grenze zur Ukraine ist in diesem Zusammenhang unsere wichtigste Baustelle die Situation auf der griechischen Insel Lesbos. Beim letztjährigen NoBorder-Camp ist es dort zu fast schon schon unglaublichen Begegnungen mit Flüchtlingen gekommen, auch solchen, die gerade erst in Schlauchbooten gelandet waren. Zudem konnte die Schließung des bisherigen Internierungslagers „Pagani“ durchgesetzt werden, entsprechend sollen die Aktivitäten auf Lesbos bzw. in der Ägäis auch dieses Jahr fortgesetzt werden. Zum Rest des Beitrags »

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Und es bewegt sich doch etwas…

Lokale Klimaaktivitäten nach Kopenhagen

Mit der Mobilisierung zum UN-Klimagipfel in Kopenhagen hat die hiesige Bewegungslinke das oft als Öko- und NGO-Thema geschmähte Konfliktfeld “Klimawandel” erstmals prominent auf ihre Agenda gesetzt. Für viele BasisaktivistInnen aus dem globalen Süden ist hingegen der Kampf gegen Umweltzerstörung bzw. für den Zugang zu natürlichen Resourcen keine Frage der Wahl. Konflikte um Land und Wasser, um Kolonialsierung von Saatgut oder Privatisierung von Wäldern sind oft existentielle Kämpfe der direkt Betroffenen um soziale Rechte und somit die Grundlage für ein würdiges Leben. Zum Rest des Beitrags »

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Zweite Reise in die Ägäis

Willkommens-Inseln im Meer der Ausgrenzung

Die Rauchschwaden aus den brennenden Zellen haben sich verzogen. Pagani, der „Kinderknast auf Lesbos“, musste nach anhaltenden Kämpfen von drinnen und draußen im letzten Oktober faktisch geschlossen werden. Das war der sichtbarste Erfolg der Dynamik des Nobordercamps im letzten August, mit dem es gelungen ist, politische Proteste und soziale Kämpfe um Bewegungsfreiheit unmittelbar zu verbinden (1). Im September werden sich (daran anknüpfend) wieder AktivistInnen in die Ägäis aufmachen: „Welcome-to-Europe“ auf Lesbos und Samos als Teil verschiedener Noborder-Aktivitäten in einem Griechenland, das angesichts der dortigen Krisenprozesse unter sozialer Hochspannung steht. Zum Rest des Beitrags »

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Papierlos, aber nicht rechtlos

Widerstandstrategien & migrantische Arbeit

Rund um den Globus zählen MigrantInnen mit ungesichertem Aufenthalt zu denjenigen Beschäftigten, die wohl dem stärksten Ausbeutungsdruck ausgesetzt sind, und das nicht erst seit Beginn der Krise vor mehr als zwei Jahren. In europäischen Gefilden ist dieser Umstand bereits seit Jahrzehnten in diversen Sektoren zu beobachten, unter anderem in der Pflege, auf dem Bau oder in der Landwirtschaft. Zum Rest des Beitrags »

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Afrique-Euro

Transnationale Organisierung von unten

Angefangen mit dem Algerienkrieg Ende der 1950er Jahre hat die Solidarität mit antikolonialen Befreiungskämpfen in Afrika 30 Jahre lang eine wichtige Rolle in der westdeutschen Internationalismusbewegung gespielt, am breitesten verankert dürften wohl die diversen (Boykott-)Kampagnen gegen das südafrikanische Apartheidregime in den 1980er Jahren gewesen sein. Nach 1989 ist davon wenig übrig geblieben, selbst in der globalisierungskritischen Bewegung kommt Afrika bis heute in erster Linie als Katastrophen-Kontinent vor. Um so erfreulicher ist, dass sich das Blatt allmählich wendet – zumindest in antirassistischen sowie klima- und landwirtschaftspolitischen Netzwerken sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Kontakte bzw. Kooperationen zwischen Basisinitiativen in Afrika und Europa entstanden. Zum Rest des Beitrags »

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Pagani geschleift – und einige Bausteine des EU-Grenzregimes am Wackeln?

Ende Oktober konnten wir auf Lesbos miterleben, wie der Internierungsknast Pagani von den Insassen regelrecht geschleift und dann – zumindest vorübergehend – von den Behörden geschlossen wurde. Zu dieser beachtlichen Entwicklung hatte nicht zuletzt die Dynamik des Nobordercamps im August beigetragen. Die Herausforderung ist nun, diesen kleinen Erfolg gegen das EU-Grenzregime in Griechenland und auch hier auszubauen.

Der letzte Abend von Pagani: die verbliebenen 130 Gefangenen wissen, dass sie am nächsten Tag freigelassen werden müssen. Sie hatten schon in den letzten Tagen ihre Zellentüren aufgebrochen und bewegen sich frei in den Gebäuden und im Hof des einstmaligen Warenlagers (1). Um für eine „Abschiedsparty“ Zigaretten und Alkohol zu holen, klettert ein Flüchtling über den Stacheldrahtzaun und kauft bei der nahegelegenen Tankstelle ein. Erst beim zweiten Mal, als er Nachschub holen will, wird er von der Polizei, die sich mittlerweile auf die „Außensicherung“ beschränkt, bemerkt und angehalten. Auf die Ansprache, er könne hier nicht einfach abhauen, erwidert er, dass er doch nur einkaufen gehen wolle und dann zurückkäme. Und wenn sie das nicht erlauben, dann gebe er ihnen eine Einkaufsliste und Geld, damit sie – die Polizei – für die Gefangenen die Besorgungen erledigt. Da bietet der Polizist lieber an wegzusehen, bis der Gefangene mit seinem Einkauf zurückkommt. Zum Rest des Beitrags »

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Reflections on Lesvos two months after Noborder: “We really didn’t feel like refugees!”

Athens, 25th of October 2009

Hello, my name is Milad. I am 17 years old. I was for 23 days imprisoned in Pagani in Mitilini and first I want to define how was the situation inside this prison and how was the behaviour of police and doctors with us.

Some guys were sick for weeks, they were calling for a doctor, but nobody was ready to listen to our voices. There was no treatment for sick persons and the drinking water had a bad smell. If we asked for a doctor, for clean water or anything, mostly nobody was even listening.

They also did not have a good behaviour to the families with the small kids. One day I saw the kids had their ten minutes time to go out. They were playing football and one policeman was beating a small kid, he was about 8 years old, his mother was crying.

Nothing was good in Pagani! The police was saying: “You are not in jail you are in camp.” How is this a camp? In 23 days they didn’t let us go out even for 5 minutes to breathe in open air. Zum Rest des Beitrags »

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